
Berlin wird zum Treffpunkt von Extremisten
Neonazis suchen Verbündete aus „Schurkenstaaten“ Verbrüderung mit
Irakern, Nordkoreanern und Islamisten
Von Frank Jansen 04-11-02
Die Bilder erschrecken: NPD-Anwalt
Horst Mahler und Parteichef Udo Voigt debattieren
in der Mensa des Studentenwerks an der Technischen Universität mit
Islamisten, die zum Krieg gegen Israel aufrufen und Osama bin Laden
huldigen. In ihrem Hass auf Amerika und Juden suchen Rechtsextreme den
Kontakt zu fanatischen Muslimen, aber auch zu Paria-Regimen wie Irak und
Nordkorea. Schauplatz der bizarren Verbrüderung von „Schurkenstaaten“ mit
kleineren Schurken und von diesen untereinander wird zunehmend Berlin.
Mit den Worten „Im Namen Gottes des Allergnädigsten,
aller Barmherzigsten“ beginnt der „Offene Brief Saddam Husseins an das
amerikanische Volk und die westlichen Völker und ihre Regierungen“. Es
folgt eine Attacke gegen die USA, die „Millionen Menschen“ getötet hätten.
Das Pamphlet samt Foto des Diktators erscheint auf der Homepage der
Neonazi-Sekte „Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS)“, deren Gründer
Michael Koth in Berlin als „Gausekretär“ residiert. Der KDS genießt bei
der irakischen Botschaft, seit Juni in Zehlendorf angesiedelt, offenkundig
einen guten Ruf. Die
Neonazis werden von den Diplomaten empfangen, ein weiterer
KDS-Anführer, Thomas Brehl, habe sogar eine persönliche Einladung
bekommen, berichtet die Wochenzeitung „Jüdische
Allgemeine“. Das Blatt zitiert aus dem Anschreiben: „Der
Geschäftsträger der Botschaft Irak Shamil A. Mohammed und seine Frau
Maisoun Mohammed geben sich die Ehre.“ Brehl selbst lobt Saddam: Das sei
ein Mensch, „der uns schon in einigem an unseren Führer Adolf Hitler
erinnert, der dieser gewaltigen Übermacht Amerika trotzt“.
Auch andere Neonazis sind in der Botschaft gern gesehen: „Nationalisten
aus Halle“ berichten im Internet, sie hätten im Juli persönlich
„politische Solidarität“ bekundet. „Da weder Vertreter der Bundesregierung
noch der Stadt Berlin anwesend waren, konnten wir die Rührung unserer
irakischen Gastgeber feststellen, dass deutsche Menschen ihre Sympathie
mit diesem von der Weltmacht USA geknechteten und verfolgten Volk
bekundeten“, freuen sich die Neonazis. Und loben das „hervorragende Essen
unter den Klängen irakischer Volksmusik“.
Sicherheitsexperten verweisen auf die Tradition der braunen
Irak-Connection. So dienten sich Neonazis 1990 der Botschaft als Söldner
für den bevorstehenden Golfkrieg an. Der Einsatz kam jedoch nicht
zustande, angeblich aus finanziellen Gründen.
Rechtsextremisten flirten auch mit dem Stalinistenregime Nordkoreas. Hier
tat sich ebenfalls der „Kampfbund“ hervor, aber auch die NPD mischte mit.
Im Sommer 1998 wurde eine Delegation des Parteivorstands in der
diplomatischen Vertretung Nordkoreas in der Glinkastraße in Mitte
empfangen. Unter den Nationaldemokraten befand sich der Landesvorsitzende
von Mecklenburg- Vorpommern, Hans Günter Eisenecker. Der Anwalt vertritt
heute die NPD im Parteiverbotsverfahren – zusammen mit Horst Mahler, den
es zu den Islamisten zieht.
Mahler treibt vor allem der Judenhass. Im April 2001 wollte der einstige
RAF-Terrorist bei einem Treffen von Holocaust-Leugnern in Beirut als
Referent auftreten. Der „Kongress“ sollte in einem Viertel stattfinden,
das die Islamistenmiliz „Hisbollah“ kontrolliert. Libanesische
Intellektuelle protestierten bei der Regierung, die das Treffen verbot.
Die Sicherheitsbehörden beobachten auch Kontakte der Berliner NPD-Zentrale
zu dem rechtsextremen Schweizer Islamisten Ahmad Huber. Der äußerlich
bieder erscheinende Mann trat bei NPD-Veranstaltungen auf und saß im
Verwaltungsrat des international Finanzdienstleisters „Al Taqwa“
(„Gottesfurcht“). Nach Erkenntnissen amerikanischer Behörden gibt es
Verbindungen zu Osama bin Laden. Huber selbst soll behauptet haben, er sei
in Beirut mit Al-Qaida-Leuten zusammengekommen und habe sie als „sehr
diskrete, hochintelligente Leute“ bezeichnet, berichten Schweizer
Zeitungen. Das Büro der Antiterrorbehörde beim US-Außenministerium setzte
November 2001 „Al Taqwa“ und Huber auf eine Liste terrorverdächtiger
Organisationen und Personen.
Kurz vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Oktober 2001 schloss
ein NPD-Sprecher nicht aus, Huber habe der Partei gespendet. Als dann der
Tagesspiegel über mutmaßliche Kontakte Hubers zu Al Qaida berichtete,
folgte ein Dementi der NPD-Zentrale: Der Schweizer habe keinesfalls Geld
für den Wahlkampf überwiesen.
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