Mit der Kamera unterwegs:
Fotografische Impressionen aus Berlin
Fotos von Margrit Schmidt
Die Brückenfunktion der Juden in Deutschland in den
Deutsch-Israelischen Beziehungen:
Selbstverständnis und öffentliche Wahrnehmung
Tagung vom 17. November 2005 im Centrum Judaicum: Die
Themen reichen von einem historischen Abriss (mit Blick auf West und
Ost) über biografische Reflexionen zum jüdischen Selbstverständnis bis
zur Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure. Ein israelischer
Korrespondent gibt seine Perspektive wieder und auf dem Abschlusspanel
geht es um "Deutschland, Israel und die Jüdischen Gemeinden in
Deutschland nach 1989".
Die deutsch-israelischen Beziehungen stehen 2005 im
Zeichen der Festlichkeiten zum Anlass der 40jährigen diplomatischen
Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Dabei herrscht der Tenor vor,
der eine gegenseitige Annäherung und ein wachsendes Vertrauen Israels
gegenüber einer stabilen Demokratie in Deutschland betont.
Auffallenderweise wird dabei die Rolle der jüdischen Gemeinden in
Deutschland bei diesem Prozess fast völlig ausgespart.
Dabei kam den Juden in Deutschland – gewollt oder ungewollt - schon
immer eine in der Öffentlichkeit nur diffus thematisierte
Brückenfunktion innerhalb der deutsch-israelischen Beziehungen zu. So
werden sie von der allgemeinen Bevölkerung unter Umständen als
Repräsentanten des Staates Israel gesehen, ja gar als israelische
Staatsbürger. Auch von israelischer Seite war ihre Position nicht
unumstritten. So hatte Staatspräsident Ezer Weizmann sel. A. 1996 in
Deutschland im Vorfeld seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag die Juden
in Deutschland zur Auswanderung nach Israel aufgefordert.
Andererseits war es bis zum Fall der Berliner Mauer in der Tat so, dass
für die ca. 28.000 Mitglieder der kleinen Jüdischen Gemeinden in der
Bundesrepublik der Staat Israel einen identitätsstiftenden Bezugspunkt
darstellte. Sehr häufig wurde davon gesprochen, dass man nur „auf
gepackten Koffern“ säße, um letzten Endes nach Israel auszuwandern. Sie
taten es zum Grossteil nicht, sondern blieben hier. Stattdessen wuchsen
die Jüdischen Gemeinden in Deutschland mit dem Ende des Ostblocks, nicht
nur zahlenmäßig durch die Einwanderer aus den Ländern der ehemaligen
Sowjetunion nach 1989. Dadurch gewinnen die jüdischen Organisationen an
öffentlicher Stimme und an politischer Bedeutung.
Die Vertreter der Zentralrats der Juden in Deutschland beteiligten sich
immer wieder an bilateralen Gesprächen zwischen Israel und Deutschland,
in der Komplexität des deutsch-israelischen Verhältnisses wird die
Brückenfunktion immer wieder deutlich. Auch von israelischer Seite
wurden und werden sie als Kontaktpersonen zur deutschen Elite wie zur
deutschen Öffentlichkeit gerne benutzt und finden hierin eine neue
Bedeutungszuschreibung.
Die Teilnahme des amtierenden Staatspräsidenten Moshe Katzav bei der
Eröffnung der Wuppertaler Synagoge 2005 wurde innerhalb der jüdischen
Gemeinschaft in Deutschland und in der deutschen Öffentlichkeit als
israelische Bestätigung des jüdischen Lebens in Deutschland aufgefasst.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Heinrich-Böll-Stiftung
luden zu einem Symposium zu diesem Thema ein, um über das sich wandelnde
Selbstverständnis der Juden in Deutschland und das deutsch-israelische
Verhältnis in den 40 Jahren seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen
zu diskutieren.
mit: Amos Elon, Herman Simon u.a.
Amos Elon, Publizist, Tel Aviv und Florenz
Hermann Simon, Ellen Presser, Sergej Lagodinski
„Israel ist und bleibt unsere religiöse und geistige
Heimat“, konstatierte Charlotte Knobloch, Vize-Präsidentin des
Zentralrats der Juden in Deutschland, am Ende entschieden.
Dem wohlmeinenden Statement war auf der Tagung „Die Brückenfunktion der
Juden in Deutschland in den deutsch-israelischen Beziehung“, die vom
Zentralrat der Juden und der Heinrich-Böll-Stiftung aus Anlass der
40-jährigen deutsch-israelischen Beziehungen veranstaltet wurde, eine
höchst kontroverse Diskussion vorausgegangen.
Überraschend hatte Professor Michael Brumlik für ausreichend Zündstoff
gesorgt, indem er kurz entschlossen die Veranstalter belehrte, „die
Brückenfunktion gibt es überhaupt nicht“. Der israelischen Botschafter
in Deutschland, Shimon Stein, bekräftigte den Anspruch seines Landes auf
eine »Führungsrolle« innerhalb der jüdischen Gemeinschaft und auf eine
Zuwanderung möglichst vieler Juden nach Israel: „In Israel stelle man
sich immer noch die Frage: Was haben Juden überhaupt in Deutschland zu
suchen?“ fragte er polemisch. Schließlich relativierte Stein seine
Forderung mit der Feststellung, viele Gemeinden seinen heute aus den
unterschiedlichsten Gründen nicht in der Lage die Brückenbauerfunktion
zu erfüllen.
Vize-Präsidentin Knobloch forderte Israel auf, deutsche Juden als
gleichberechtigte Partner wahrzunehmen und ihnen auf „gleicher
Augenhöhe“ zu begegnen.
Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler und Publizist, Frankfurt/Main;
Küf Kaufmann,Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Leipzig.
Es diskutierten: Jerzy Montag, Vize-Präsidentin ZJD Charlotte Knobloch,
Botschafter Shimon Stein, Ralf Füchs, Micha Brumlik und Küf Kaufmann (v.l.).
Charlotte Knobloch, Vizepräsidentin des
Zentralrats der Juden in Deutschland, München; Shimon Stein, Botschafter
des Staates Israel in Deutschland
Juden in Deutschland und die deutsch-israelischen
Beziehungen
Ein Symposium in Berlin
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Deutschland und Israel pflegen seit 40 Jahren
diplomatische Beziehungen. Dieses Jubiläum wurde bei zahlreichen
Veranstaltungen in beiden Ländern gefeiert. Mit der Frage, welche Rolle
die Jüdischen Gemeinden in Deutschland bei diesem Prozess der Annäherung
gespielt haben, beschäftigte sich eine Tagung in Berlin, veranstaltet
vom Zentralrat der Juden und der Heinrich-Böll-Stiftung.
Dabei, so die Veranstalter, kam den Juden in Deutschland schon immer
eine Brückenfunktion zu. Vor allem nach dem Zerfall des Ostblocks
wuchsen die Jüdischen Gemeinden in Deutschland und die Repräsentanten
jüdischer Organisationen gewannen an öffentlichem Einfluss. Für die
israelische Seite gelten die Vertreter des Zentralrats als
Ansprechpartner und Kontaktpersonen zur deutschen Elite. Über sie wird
auch der Weg in die deutsche Öffentlichkeit gesucht.
Sergey Lagodinsky vom American Jewish Committee sagte in "Fazit", die
These von Micha Brumlik, dass die Israelis eine Verachtung gegenüber den
Juden in Deutschland empfänden, sei überspitzt. Eher sollte man von
einer gewissen Überraschung oder Verwunderung sprechen.
Zugleich betonte Lagodinsky, die Jüdischen Gemeinden in Deutschland
würden sich nicht als Botschafter Israels verstehen. Eine
Brückenfunktion entstehe viel eher durch die persönliche Ebene.
Als besonders wichtig bezeichnete Lagodinsky die Integration der
russisch-jüdischen Einwanderer. Vor allem die politische Integration sei
hier die eigentliche Herausforderung.
AUDIO:
Gespräch mit Sergey Lagodinsky
Juden in Deutschland:
Eine Brücke
zwischen Deutschland und Israel?
Zustimmung findet Charlotte Knobloch als sie sagt:
"Israel ist und bleibt unsere religiöse und geistige Heimat"...
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